kakapo

Kakapo für Alle

(c) Lenz

Datum:    während des gesamten Festivals
Zeit:         von früh bis spät
Ort:          in Litschau um Litschau und rund um Litschau herum

„Kakapo für Alle“

ist ein Kunstprojekt, an dem alle mitarbeiten dürfen. Während des „Hin und Weg“ Festivals öffnet Lenz seine Kakapo Stories zum ersten Mal und lädt die Besucher ein, die von ihm begonnenen fliegenden Blätter fertigzuschreiben. Durch das gegenseitige Geschichtenerzählen entsteht zunächst eine Ansammlung an individuellen Welten, die in der Folge zu einer gemeinsamen Kommunikation führen.

Mein Leben lang schreibe und zeichne ich professionell Geschichten, so wie andere zum Beispiel Tennis spielen. Davon bekommt man zwar keinen Tennisarm, aber eine „Zeichenhand“. Im Sommer 2016 war es dann bei mir soweit. Mehrere Monate konnte ich vor Schmerzen kaum einen Stift halten und ich fühlte mich wie ein Vogel, der nicht mehr fliegen kann. Ich suchte nach einer Methode, mit deren Hilfe ich weiterhin Geschichten mit Bild und Text erzählen konnte und fand die Lösung am anderen Ende der Welt, auf einer winzigen Insel vor Neuseeland.

Zufällig stieß ich auf ein Youtube Video, in dem der Schriftsteller Douglas Adams von einem seltsamen Vogel namens Kakapo erzählt. Adams, berühmt für die „Per Anhalter durch die Galaxis“ Romane, war Ende der 80er Jahre im Auftrag der BBC gemeinsam mit dem Biologen Mark Carwardine zu einigen kurz vor dem Aussterben stehenden Tierarten gereist. Unter anderem traf er auf Neuseeland auf einen der damals noch etwa 40 lebenden Kakapos. Douglas Adams schrieb ein Buch über seine Reise, „Die Letzten ihrer Art“, welches zum Bestseller wurde, die Kakapos weltberühmt machte und dazu beitrug, ihren Exitus vorerst noch hinauszuzögern.

Das Leben der Kakapos erscheint aus diesen Berichten so unglaublich, dass ich anfangs gedacht hatte, dass Adams, als Science Fiction Autor, diese Vögel erfunden hätte. Doch er hatte nur die Fakten über die Kakapos widergegeben.
Die Kakapos sind die größten Papageien der Welt und leben ausschließlich auf Neuseeland. Das besondere an Neuseeland ist, dass dort ursprünglich keine Säugetiere lebten, was für die Kakapos für sehr lange Zeit ein sorgloses und friedliches Leben ohne Feinde bedeutete. Nichts bedrohte die Kakapos und sie fraßen, bis sie so dick wurden, dass ihnen das Fliegen immer schwerer fiel und sie es irgendwann ganz ließen. Douglas Adams stellt sogar die Überlegung an, dass die Kakapos womöglich überhaupt vergessen hätten, dass sie das Fliegen vergessen hatten: Immer wieder kommt es vor, dass ein Kakapo einen Baum erklettert, um dann hilflos flatternd hinabzuplumpsen. Trotz der erfolglosen Flugversuche werden Kakapos meist uralt, manche vermuten fast 100 Jahre, und bevölkerten ursprünglich ganz Neuseeland. Um die Population konstant zu halten, entwickelte sich die Fortpflanzung der Kakapos unter diesen günstigen Bedingungen dahingehend, dass sie absurd aufwändig, kompliziert und beinahe nutzlos wurde.
Dating bei den Kakapos sieht so aus: Etwa alle fünf Jahre – wenn der Rimubaum gerade besonders viel Früchte trägt – buddeln sich die Männchen ein Mulde, vorzugsweise auf einem Hügel. Dort sitzen sie dann für vier Monate die ganze Nacht und schreien ihren Balzruf, der wie das dumpfe Klopfen eines Herzens klingt, in die Weiten der neuseeländischen Wälder hinaus. Sie versuchen dabei so inbrünstig, ein Weibchen anzulocken, dass sie durch die Anstrengung während der Balzzeit fast die Hälfte ihres Körpergewichts verlieren. Das Problem ist bloß, dass der Balzruf der Kakapos zwar kilometerweit zu hören, aber so tief ist, dass man kaum sagen kann, woher der Ruf kommt – anscheinend kann man diesen mehr im Bauch fühlen als hören. Falls ein Kakapoweibchen also den Balzruf hört und er ihr auch gefällt, wird es schier unmöglich für sie, das Männchen auch zu finden. Treffen all diese und noch weitere sehr unwahrscheinlichen Zufälle aufeinander, legt das Weibchen ein einziges Ei.

Das klingt frustrierend und ist es wahrscheinlich auch. Doch richtig schwierig wurde es für die Kakapos erst, als die europäischen Siedler nach Neuseeland kamen. Diese brachten ihre Hunde, Katzen und Ratten mit, die ganz begeistert die mühsam produzierten Kakapoeier verputzten. Die Kakapos selbst waren ebenso leichte Beute, denn sie waren nicht nur flugunfähig, sondern sie hatten auch keinen Fluchtinstinkt. Ihr Körpergeruch, der als angenehm nach Honig und Blumen duftend beschrieben wird, verschlimmerte die Sache bloß. Das alles führte dazu, dass Mitte des 20. Jahrhunderts nur noch eine Handvoll Kakapos am Leben waren. Erst als Wissenschaftler die restlichen Kakapos auf drei kleine Inseln umsiedelten, auf denen vorher alle den Kakapos gefährlichen Tiere ausgerotten worden waren, erholte sich der Bestand etwas. Derzeit (Stand: April 2018) leben noch etwa 149 Kakapos. Diese letzten Kakapos tragen alle einen eigenen Namen und werden von Wissenschaftlern ständig beobachtet und umsorgt.

Die Kakapos faszinierten und berührten mich sofort. Alles an diesem Tier war gleichzeitig fremd und vertraut, mir kam vor, als wären die Kakapos nicht von dieser Welt. Ich beschloss, die Kakapos zu meinen neuen Erzählfiguren zu machen. Mit meiner linken Hand zeichnete ich notdürftig zwei Kakapos und begann, mit dieser einzelnen Zeichnung Geschichten zu erzählen. Dabei verwandelte sich, allein durch die darübergelegten Worte, die stereotype Zeichnungssequenz der Kakapos in verschiedenste Charaktere und Settings.
Ich merkte: Mit dieser Zeichnung der Kakapos lässt sich alles erzählen.

Für das „Hin und Weg“ Festival habe ich das Projekt „Kakapo für Alle“ entwickelt. Im Gegensatz zu meinen sonstigen Kakapo Geschichten fehlen in „Kakapo für Alle“ die durchgehenden Geschichten. Diese Auswahl an fragmentarischen Stories, die zumeist nur aus einem Anfangs- oder Schlusssatz bestehen, nenne ich Fliegende Blätter. Die Impulssätze sind nicht Teil bereits konzipierter Geschichten sondern lediglich Anstöße für die Besucher, die Fliegenden Blätter mit ihren eigenen Worten und Geschichten weiter auszufüllen. Die Freiheit, die durch die immer wiederkehrende Zeichnung entsteht, ermutigt und fördert die Lust am Erzählen und ist bei weitem nicht auf die Welt der Kakapos beschränkt. Die Zeichnung der zwei Kakapos kann mit jedem Inhalt belegt werden.

Über die Dauer des Festivals entstehen die Fliegenden Blätter.
Die Autorinnen und Autoren können ihre Blätter vor Ort und/oder elektronisch auf Instagram präsentieren und sich so gegenseitig inspirieren und in einen Dialog miteinander treten. #kakapoforall

 

Text: Lenz

Eine meiner Kakapo Seiten
Fliegendes Blatt

Diese Veranstaltung ist im Tagespass inkludiert.